Weibliche Genitalverstümmelung, (Mädchen-)Beschneidung, female genital mutilation (FGM), female genital cutting (FGC) oder FGM/C – es gibt viele Begriffe, die versuchen, in Worte zu fassen, worunter weltweit ca. 200 Millionen Mädchen und Frauen leiden. In der deutschen Debatte sind die Begriffe „weibliche Genitalverstümmelung“ und „Beschneidung“ am weitesten verbreitet. Doch wodurch unterscheiden sich die Begriffe, und spielt es überhaupt eine Rolle, welche Bezeichnung verwendet wird?

Der Begriff „weibliche Genitalverstümmelung“ bzw. sein englisches Pendant „female genital mutilation“ findet seit Anfang der 70er Jahre Verwendung. Er bringt klar zum Ausdruck, dass es sich bei der Praktik um eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung handelt, die das Recht junger Mädchen und Frauen auf körperliche Unversehrtheit auf das Gröbste verletzt. Darüber hinaus wird durch die Wahl der Bezeichnung „weibliche Genitalverstümmelung“ deutlich, dass die Praktik ungleich schwerwiegender ist als die Beschneidung bei Männern und nicht mit dieser zu vergleichen. Die Aktivistinnen des Inter-African Committee on Traditional Practices haben sich daher bereits im Jahr 1990 für die Vewendung des Begriffs „female genital mutilation“ ausgesprochen, eine Haltung, die das Gremium durch die Bamako-Deklaration im April 2005 nochmals bekräftigte.

Auf Gemeindeebene in den betroffenen Ländern, aber auch in der Zusammenarbeit mit in Deutschland lebenden Betroffenen, ist der Begriff jedoch nicht unproblematisch. In den betroffenen Gebieten ist oft von „Beschneidung“ die Rede – „cutting“ in anglophonen Ländern, „excision“ in frankophonen. Einmal, weil die Praktik in der lokalen Kultur oft eine positiv bewertete soziale Norm darstellt und Mütter und Eltern davor zurückschrecken, ihre Töchter als „verstümmelt“ zu bezeichnen. Aber auch, weil der Begriff als weniger wertend empfunden wird und Betroffene sich durch die Bezeichnung „Genitalverstümmelung“ stigmatisiert fühlen. Im direkten Gespräch mit Betroffenen greifen viele Organisationen daher auf die Bezeichnung „Beschneidung“ zurück.

Da unser gemeinsamer Internetauftritt in erster Linie der Öffentlichkeitsarbeit dient, hat sich das Netzwerk Integra für die Verwendung des Begriffs „weibliche Genitalverstümmelung“ entschieden. In ihrer eigenen Arbeit wägen die in Integra repräsentierten Organisationen jedoch von Fall zu Fall genau ab, welchen Begriff sie verwenden, und haben sich in Kenntnis ihrer Zielgruppe durchaus für unterschiedliche Lösungen entschieden – die dahinter stehenden Beweggründe akzeptieren wir, da alle Mitgliedsorganisationen sich aktiv gegen diese Menschenrechtsverletzung einsetzen.

Unser gemeinsames Ziel ist und bleibt, Betroffene zu erreichen und dafür zu kämpfen, dass weibliche Genitalverstümmelung baldmöglichst der Vergangenheit angehört.